The Rock, Gibralta

Gibraltar – Faszinierendes Miniland, aber keine Affen für uns

Spaziergang auf der Landebahn

Spektakulärer wird es aber direkt nach Grenzübergang, denn die große Straße, die man entlang geht oder eben fährt und die ins Stadtzentrum führt, quert ein riesiges Rollfeld. An keiner anderen Stelle ist das kleine Land breit genug, um genügend Länge für startende und landende Flugzeuge bieten zu können, daher diese skurrile Lösung. Wenn also die Schranken runtergehen, sollte man zusehen, vom Rollfeld runterzukommen, denn dann rauscht jeden Moment ein Flugzeug an einem vorbei. Bislang starten nur drei bis vier Maschinen pro Tag (nach England), weil einfach zu viel Verkehr ist, um die Straße öfter zu sperren. Aber es gibt den Plan, einen Tunnel zu bauen, so dass Autos, Busse und Fußgänger unterirdisch in die Stadt gelangen und mehr Flugzeuge starten können. Verrückt …

Unsere kleine Gruppe auf der historischen Free Walking Tour.

In der Vergangenheit haben wir sehr gute Erfahrungen mit den Free Walking Tours in Städten gemacht, denn oft weiß man gar nicht, wo anfangen und es ist mühsam, sich selbst immer wieder rauszusuchen, was man sehen möchte. Die Touren werden von Einheimischen geleitet, die einem über die üblichen historischen Informationen auch jede Menge Insidertipps geben können. Auch hier hatten wir uns für eine Tour angemeldet.

The Rock ist durchlöchert wie ein schweizer Käse

Im Felsen sieht man die Burg, die früher mal ein Gefängnis war.

Unser „Guru“ Graziella ist in Gibraltar geboren und konnte uns viel über die bewegte Geschichte des stark umkämpften Landzipfels erzählen. Viel hat natürlich mit Krieg und Abwehr zu tun. So ist zum Beispiel „The Rock“, der große Felsen, durchlöchert wie ein schweizer Käse von rund 50 Kilometer Tunneln, die 1940 in den Berg gesprengt wurden, um die Briten vor den Deutschen Bombardements zu schützen. Über die konnte man sich nicht nur ungesehen fortbewegen und die Bevölkerung verstecken, sondern auch Kanonen zur Abwehr Richtung Spanien positionieren. Einige dieser original Kanonen stehen noch in der Stadt zur Besichtigung rum.

Früher Hinrichtungsort, heute Platz des öffentlichen Lebens

Der große Platz ist heute gesäumt von Cafés und Restaurants.

Rund um den Stadtkern sieht man noch hohe Mauern und Tore, durch die man in die Stadt gelangt. Bis hierher war die Stadt früher von Wasser umspült. Der große Platz, auf den man gleich am Anfang gelangt (Gibraltar hat überhaupt nur zwei Plätze) war früher der Ort, an dem Hinrichtungen stattfanden. Von hier sieht man die Burg oben im Felsen, die damals ein Gefängnis war, von dort gab es einen direkten Weg runter zum Hinrichtungsplatz. Heute sind hier zahlreiche Cafés und Restaurants. Außerdem kann man hier eine Glasbläserwerkstatt besichtigen, wo man nicht nur viel über die Glasbläsertradition Gibraltas lernen, sondern sogar Glasbläsern bei der Arbeit zusehen kann.

In der Glasbläserwerkstatt kann man Profis live bei der Arbeit zusehen.

Heiraten wie in Las Vegas

Unkonventionelle Hochzeit in Gibralta: Yoko Ono und John Lennon.

Graziella erzählte uns, dass Gibralta ein Ort ist, an dem man unkompliziert heiraten kann. – Ähnlich wie in Las Vegas, nur etwas offizieller … Innerhalb von 48 Stunden kann man hier getraut werden und sich dafür irgendeinen traumhaften Platz aussuchen, wie zum Beispiel die Burg, den Botanischen Garten usw. Genutzt haben das unter anderem die Tochter von Winston Churchill, Sean Connery (zwei Mal …) und John Lennon und Yoko Ono!

Britischer Geheimdienst und Kunst für den Hund

Im Haus des britischen Gouverneurs wohnen die Royals, wenn sie zu Besuch kommen.

Wir sind auch am Haus des Gouverneurs vorbeigekommen, der von der Queen eingesetzt wird, um den Kontakt nach England zu halten. Wann immer ein Mitglied der königlichen Familie nach Gibraltar kommt (die Queen selbst war nur ein einziges Mal hier), residiert es in diesem Haus.
Am zweiten Platz Gibraltas befindet sich das Rathaus, die „City Hall“. Sie dient, anders als in Deutschland, nicht dem Erledigen von Papierkram; hierzu gibt es überall in der Stadt verteilt für jedes Anliegen ein eigenes Büro. Die City Hall (früher mal das Wohnhaus einer reichen jüdischen Familie, mit vielen Kindern) dient repräsentativen Zwecken und ist der Ort für offizielle Feiern. Im Erdgeschoss befindet sich eine öffentlich zugängliche Gemäldesammlung, mit Bildern von Künstler*innen aus Gibralta, die keinen Eintritt kostet. Sehr empfehlenswert. Sogar der Hund durfte mit rein.
Das Polizeipräsidium, an dem wir vorbeikommen, ist das zweite, das es in Großbritannien gab. Das erste wurde in London eröffnet und neun Monate später dieses in Gibralta. Es heißt, dass im ersten Stock der MI6 seinen Sitz hat.

Das bunte Theater.

Shoppen oder lieber kleine Schätze entdecken

Orangenbäume auf der Highstreet.

Die Highstreet, die einmal durch die Stadt führt, ist die Einkaufsstraße von Gibralta. Es gibt nirgendwo sonst Geschäfte, alles konzentriert sich auf diese Straße. Wenn man nicht gerade shoppen gehen möchte, ist sie nicht so interessant und man sollte lieber parallel dazu durch die Stadt schlendern, da gibt es mehr zu entdecken. Zum Beispiel einen unscheinbaren Ramschladen, der eine unglaublich schmuckreiche Decke im arabischen Stil hat – das war früher mal ein Theater.

Friedlicher Mix von Kulturen und Religionen

Mit der Seilbahn gelangt man hoch auf den Felsen, wenn man nicht laufen möchte.

In Gibralta gibt es fast keine Kriminalität. Was umso faszinierender ist, bedenkt man, dass hier sehr viele unterschiedliche Nationen und somit auch Religionen auf engstem Raum zusammenleben. Es gibt hier vier Moscheen, eine Synagoge, christliche Kirchen und sogar einen Hindutempel. In den Lebensmittelgeschäften und Bäckereien wird alles vermischt, es gibt keine speziellen Läden für Moslems, Christen oder Juden, sondern alle bieten alles an. So kann man beispielsweise überall Brot kaufen, was für Juden eine rituelle Bedeutung hat und nur am Shabbat gegessen wird – für alle anderen ist es ein normales Brot für’s Frühstück.

Der Botanische Garten soll sehr sehenswert sein. Leider sind Hunde hier nicht erlaubt.

Gabriella beendet ihre Tour in der Nähe der Seilbahn, da die meisten Besucher sich ja noch „The Rock“ ansehen wollen. Das wollen wir natürlich auch, schließlich ist das ja das Highlight. Man kann zu Fuß hochgehen oder sich mit der Seilbahn oder einem Taxi hochfahren lassen. Der Felsen ist ein Naturreservat, in dem man spazieren gehen kann und von den biestigen Berberaffen begleitet wird. Vom Leuchtturm am Europapoint hat man bei klarem Wetter wohl auch eine traumhafte Sicht auf Afrika.

Biestige Affen mögen keine Hunde

Die Seilbahn nimmt keine Hunde mit, um hoch zu wandern fehlt uns nach der Tour die Kraft; vielleicht hätten wir einen Taxifahrer finden können, der Hunde mitnimmt, aber es wird uns ganz dringend davon abgeraten, mit Hund den Felsen zu betreten, da die Affen wohl wirklich sehr aggressiv sind und das Risiko zu groß wäre, dass sie Pepito angreifen.

Die typisch britischen Telefonzellen gibt es überall in Gibralta.

Wir verzichten also unserem Vierbeiner zuliebe auf den Besuch des Felsens. Auch den Botanischen Garten, der sich gleich neben der Seilbahnstation befindet, kostenlos zugänglich ist und wunderschön sein soll, dürfen wir mit Hund nicht betreten. Das finden wir zwar schade, aber die Tatsache, dass unser alter Knacker noch so fit ist, mit uns überhaupt eine solche Tour wie heute mitmachen und bei uns sein kann, ist es uns wert. Im Auto hätten wir ihn auch nicht lassen können, dafür ist es an dem Tag einfach zu heiß (oh ja, du hast richtig gelesen: es ist zu heiß! ?).

Am Strand immer noch am glücklichsten: unsere Fellnase Pepito.

Wir hatten auch so einen herrlichen Nachmittag auf britischem Boden und bummeln langsam wieder Richtung Grenzübergang zurück. Noch ein Abschiedsfoto vor einer typisch englischen roten Telefonzelle und dann verlassen wir das faszinierende kleine Land wieder über die Landebahn und fahren zu unserem Schlafplatz für die Nacht, in der Nähe von Tarifa. Morgen geht es weiter nach Portugal!

Über die Autorin

Ramona Pingel

Ramona ist Co-Verlegerin des WNJ-Verlags und arbeitet außerdem als Freie Lektorin. Vor ihrer gemeinsamen Reise mit Uli lebte sie im beliebtesten Viertel Kölns, hatte einen guten Job in einem großen Verlagshaus und genoss das Leben in der Großstadt. Doch nach der Reise kam das alles nicht mehr infrage. Sie wollte unabhängig sein und näher an der Natur. Heute leben Uli und sie, zusammen mit Hund Spencer, in einem Häuschen in der Vulkaneifel, direkt am Waldrand. Ihre freie Zeit verbringt sie am liebsten mit Gärtnern, Yoga und Wandern.

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